Wenn eine Mannschaft im Profifußball nicht die erhofften Ergebnisse erzielt, rufen viele Fans fast schon reflexartig nach einem neuen Trainer. In meinem Beitrag auf Focus Online erläutere ich, warum es oft schlecht wäre, dieser Forderung nachzugeben.
Eine Mannschaft liegt zurück und benötigt zwei Tore in der letzten Viertelstunde, um das Spiel herumzureißen. In dieser kritischen Situation entscheidet der Trainer, einen Stürmer für einen Verteidiger einzuwechseln. Dieser schießt die zwei herbeigesehnten Tore und die Mannschaft gewinnt. War die Einwechslung des Stürmers eine gute Entscheidung des Trainers? Viele Fans, Kommentatoren und Medien sagen eindeutig „Ja!“. Im Falle einer Niederlage, hätten sie vehement die Entlassung des Trainers gefordert, den sie jetzt für seine taktische Weitsicht feiern. Entscheidungstheoretisch gesehen, ist diese Reaktion – so nachvollziehbar sie auf den ersten Blick sein mag – nicht sinnvoll.
Deutlich wird das an einem Gegenbeispiel. Angenommen, Dietmar Hamann, der seine aktive Karriere längst beendet hat und als Experte beim Fernsehen arbeitet, ist spielberechtigt und sitzt einsatzbereit auf der Ersatzbank. Vom Trainer wird er eine Viertelstunde vor Spielende eingewechselt, ein Befreiungsschlag des Gegners trifft ihn am Rücken, und der Ball springt ins Tor. Wenige Sekunden vor dem Abpfiff kommt es zu einer ähnlichen Szene. So erzielt Dietmar Hamann das erlösende Tor. Die Mannschaft ist Sieger. War es eine gute Entscheidung, den „Fußballrentner“ Hamann einzuwechseln? Sicherlich nicht. Vielleicht hätte der Trainer aber auch eine Entscheidung treffen können, deren Siegwahrscheinlichkeit höher ist.
Bei Bayern München haben Jupp Heynckes und Pep Guardiola früher beispielsweise manchmal als taktische Maßnahme den sehr kopfballstarken Abwehrspieler Daniel von Buyten ins Sturmzentrum beordert, statt ihn durch einen weiteren Stürmer zu ersetzen. Van Buyten hat bis zu zwei Gegenspieler gebunden und dadurch Räume für seine Mitspieler geschaffen. Für solche Maßnahmen werden Trainer weniger von Fans und Medien gefeiert. Der Grund dafür ist, dass das Entscheidungsergebnis nicht unmittelbar in Zusammenhang mit der Entscheidung des Trainers gebracht wird, wie es der Fall wäre, wenn ein Einwechselspieler ein Tor erzielt.
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