Kategorie: beratung

  • Priorisierungsmodell für die frühe Entwicklungspipeline zur Ermöglichung eines ganzheitlichen Portfoliomanagements für ein pharmazeutisches Unternehmen

    Priorisierungsmodell für die frühe Entwicklungspipeline zur Ermöglichung eines ganzheitlichen Portfoliomanagements für ein pharmazeutisches Unternehmen

    Der Kunde suchte nach einer Methode zur Bewertung von Projekten in der frühen Entwicklungsphase, die eine ganzheitliche Betrachtung des Portfolios und konsistente Abwägungen ermöglichen sollte. Die Lösung war eine Multi-Attributive-Priorisierungsmethodik, die ein ganzheitliches Portfoliomanagement und eine wertorientierte Entscheidungsfindung ermöglicht. Die innovative Methodik nutzt die multiattributive Nutzentheorie und wertorientiertes Denken im Rahmen der Entscheidungsqualität, um eine konsistente Bewertung verschiedener Projekte im Frühstadium innerhalb einer heterogenen Reihe von Krankheitsbereichen zu ermöglichen und dadurch Kompromisse auf der Grundlage vereinbarter Entscheidungskriterien zu erzielen.

    Wir begannen das Projekt mit einem Brainstorming und Interviews mit den wichtigsten Interessengruppen, um den geeigneten Rahmen zu definieren, d. h. den Zweck, den Umfang und die Perspektive, die der Entscheidungsqualität entsprechen. Außerdem forderten wir die Entscheidungsträger in Interviews auf, ihre Ziele zu benennen. In Anlehnung an das wertorientierte Denken erstellten wir eine Zielhierarchie als Mittel-Zweck-Netzwerk. Mit Hilfe dieses Netzwerks und der wissenschaftlichen Expertise der Kundenteams entwickelten wir aussagekräftige Skalen, um die grundlegenden Ziele der Entscheidungsträger zu operationalisieren. Mit den Entscheidungsträgern führten wir Abwägungsgespräche unter Verwendung der www.entscheidungsnavi.de. Wir erstellten ein Bewertungsmodell, das auf einer Struktur basierte, die die grundlegenden Ziele und ihre Kompromisse unter Verwendung der Theorie des Mehr-Attribut-Nutzens bewertete. Durch die Bewertung einer Reihe von Pilotprojekten mit einer Expertengruppe des Kunden stellten wir die Robustheit der Methodik in Frage. Mit der Unterstützung des Unternehmens bewerteten wir das gesamte Projektportfolio anhand dieser neuen Methode. Wir analysierten das Portfolio und ermittelten die Hauptauswirkungen der Entscheidung – den Innovationsgrad des Portfolios. Wir förderten entscheidungsorientierte Diskussionen mit den Entscheidungsträgern, indem wir Diskussionen über wissenschaftliche Erwartungen von Diskussionen über strategische Präferenzen und Überzeugungen trennten. Am Ende dieses Gruppenentscheidungsprozesses trafen die Entscheidungsträger schließlich eine Portfolioentscheidung.

    Dieses Projekt erreichte das Finale des Practice Awards der Decision Analysis Society (INFORMS) im Jahre 2020.

  • Identifikation und Strukturierung der Ziele der Terrorgruppe Islamischen Staats und dessen Anhänger

    Identifikation und Strukturierung der Ziele der Terrorgruppe Islamischen Staats und dessen Anhänger

    Veröffentlichung

    • [1] Siebert, Johannes U.; von Winterfeldt, Detlof; John, Richard. “Identifying and Structuring the Objectives of the “Islamic State of Iraq and the Levant” (ISIL) and its Followers.”Decision Analysis (INFORMS), 13(1), 2016, 26-50,dx.doi.org/10.1287/deca.2015.0324,
    • [2] Nagata, M., Abbas, A., Atran, S., Braniff, B., Bringuel, A., al-Chalabi, M., … & Corman, S. (2014). Multi-‐Method Assessment of ISIL. (Link)
    • https://www.informs.org/Blogs/DECA-Blogs/DECA-Review/Identifying-and-Structuring-the-Objectives-of-the-Islamic-State-of-Iraq-and-the-Levant-ISIL-and-its-Followers (Link)
    • Siebert, Johannes U.; von Winterfeldt, Detlof. “Comparative Analysis of Terrorist`s Objectives Hierarchies” 17(2), 2020, 97-114, doi.org/10.1287/deca.2019.0400
    • „Wer dem IS folgt, ist ein Loser“, in Welt am Sonntag, No. 4, 24th of January, 2016. (Link)
    • „Was macht den IS für Anhänger attraktiv?“, N24.de, 25th of January, 2016, (Link)

    Im Sommer 2014 stellte die Terrorgruppe Islamischer Staat eine der größten Bedrohungen für die Bevölkerung im Nahen Osten und der westlichen Welt dar. Lange mangelte es der amerikanischen Regierung an einer klaren Strategie im Umgang mit dieser Terrorgruppe. Präsident Obama gab dies sogar öffentlich zu (“We don’t yet have a complete strategy” for fighting the Islamic State in Iraq; 28. August 2014, in Washington Post).

    Das Problem der Militärführung der Vereinigten Staaten bestand hauptsächlich darin, dass die Mittel, die sich zum Schutz der Zielbevölkerung vor der Terrorgruppe Al Qaeda als erfolgreich erwiesen hatten, bei der Terrorgruppe Islamischer Staat ihre Wirkung verfehlten. Im Nachhinein betrachtet lag dies an den fundamental unterschiedlichen Strategien, die beide Terrorgruppen verfolgen. Um sinnvolle Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergreifen zu können, war es erforderlich herauszufinden, welche Ziele die Terrorgruppe Islamic State verfolgt, um anhand dessen mögliche Strategien ableiten und Gegenmaßnahmen daran ausrichten zu können.

    Dieser anspruchsvollen Aufgabe haben sich die Professoren von Winterfeldt, Siebert, Abbas und John im Auftrag von General Nagata, Head of Special Operations Command Central (SOCCENT), am Center for Risk and Economic Analysis of Terrorism Events (CREATE) gewidmet. Die besondere Schwierigkeit bei der Identifikation der Ziele von Terroristen liegt darin, dass konventionelle Methoden der Entscheidungstheorie, wie beispielsweise Interviews und Fragebögen, keine Anwendung finden können, da kein Zugriff auf mögliche Gesprächspartner besteht und sehr wahrscheinlich keine Kooperationsbereitschaft vorliegt. Darüber hinaus müssen Propaganda und wahre Ziele unterschieden werden. Die Terrorgruppe Al Qaeda hat z.B. das Ziel, „ein Kalifat zu errichten“ als Propaganda benutzt, um neue Anhänger zu gewinnen. Im Gegensatz hat die Terrorgruppe sich eben diesem Ziel auf oberster Ebene verschrieben und sogar in Weiteren Teilen umgesetzt.

    Um den Mangel an direkten Informationsquellen zu kompensieren, analysierte Herr Prof. von Winterfeldt knapp 60 vom Büro des Joint Chiefs of Staff im Pentagon für diesen Zweck durchgeführte semistrukturierte Interviews mit weltweiten Experten für Terrorismus, Islam, Politik, den Nahen Osten, etc. Deren Auswertung resultierte dabei in über 353 unterschiedlichen Aussagen bezüglich möglicher Werte der Terroristen, die in Ziele übersetzt und danach in einer Zielhierarchie zusammengeführt wurden. Prof. Siebert hat diesen Prozess auf Basis einer Suche in frei verfügbaren Quellen repliziert. Dabei wurden insbesondere hierfür transkribierte Reden der IS Führer Al-Baghdadi und Al Adnani, sowie Zeitungsartikel und Propagandaschriften der Terrororganisation ausgewertet.

    Aufgrund des Novitätsgrads, der Relevanz der durchgeführten Fallstudie und der neu konzipierten Methode zur Identifikation von Zielen von Organisationen, auf die kein direkter Zugriff besteht, wurde das Projekt für das Finale des Practice Award der Decision Analysis Society des Institute for Operations Research and the Management Sciences (INFORMS) im Jahre 2016 nominiert. Eine differenzierte Darstellung des Projekts und der Methode findet sich in [1] und eine Zusammenfassung Projektbericht in [2].

  • Entwicklung methodenbasierter produktionslogistischer Wertschöpfungsprozesse, ein Entscheidungsunterstützungskonzept zur Effizienzsteigerung in Oberfränkischen Kmu

    Entwicklung methodenbasierter produktionslogistischer Wertschöpfungsprozesse, ein Entscheidungsunterstützungskonzept zur Effizienzsteigerung in Oberfränkischen Kmu

    Durch die veränderten Rahmenbedingungen und Kundenanforderungen wie z.B. kürzere Lieferzeiten und steigende Liefertermintreue sehen sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Oberfranken zunehmend mit einer Steigerung der Logistikleistung und Senkung der Logistikkosten konfrontiert. Die Logistik, insbesondere die Produktionslogistik, bildet gerade diesbezüglich für diese Unternehmen eine wichtige Basis Wettbewerbs- und Kostenvorteile zu generieren und gewinnt zunehmend an Bedeutung.

    In diesem Zusammenhang stellen sich jedoch viele KMU die Frage, wie sich die relevanten Potenziale zur Generierung der Wettbewerbs- und Kostenvorteile in der Produktionslogistik erfassen, bewerten und heben lassen. Das Heben der ermittelten Potentiale ist im Allgemeinen durch das Ableiten von konkreten Optimierungsmaßnahmen möglich. Jedoch ist das Ableiten dieser Maßnahmen in vielen Fällen schwierig und es besteht ein Defizit hinsichtlich eines methodisch strukturierten und systematischen Entscheidungsprozesses.

    Der Entscheidungsprozess in KMU ist häufig durch einen Systembruch zwischen der Analyse- und Entscheidungsphase charakterisiert (vgl. Abbildung ). Die Folge ist, dass die Erfassung und Bewertung der Ist-Situation nur unzureichend oder überhaupt nicht in der Entscheidungsphase berücksichtigt wird und die Entscheidungsfindung weder auf der Analysephase aufbaut, noch auf Basis einer adäquate Zieldefinition erfolgt. Ergebnis hierbei sind realisierte Optimierungsmaßnahmen (z. B. Maßnahmen aus dem Bereich des Lean-Management), die keinen oder nur einen eingeschränkten Beitrag zur Erreichung der definierten Ziele leisten und unter Umständen an einer anderen Stelle im produktionslogistischen Gesamtsystem zu einer Verschlechterung führen.

    Das Ziel des Projektes „empower“ ist es daher, ein interdisziplinäres Konzept zur methodischen Entscheidungsunterstützung bei der Auswahl von alternativen Maßnahmen zur Effizienzsteigerung produktionslogistischer Prozesse in oberfränkischen KMU zu entwickeln. Das Konzept ist die Grundlage für die Entwicklung einer Softwareanwendung, mit deren Hilfe der Entscheidungsprozess ganzheitlich unterstützt wird. (© und weitere Informationen: https://empower.fh-rosenheim.de/)

    Prof. Siebert hat in diesem Projekt die Identifikation und Strukturierung der Ziele federführend koordiniert. Dabei hat er die Prinzipien proaktiven Entscheidens angewandt. Eine Übersicht über relevante Ziele in der Produktionslogistik findet sich nachfolgend.

  • Identifikation der strategischen Ziele des Kalifornischen Verkehrsministeriums

    Identifikation der strategischen Ziele des Kalifornischen Verkehrsministeriums

    Das kalifornische Verkehrsministerium (California Department of Transportation) hat in einem Vierjahreszeitraum ein Budget in Höhe von ca. 10 Mrd. US$ für die Instandsetzung der Infrastruktur der Autobahnen und Autobahnbrücken in Kalifornien zur Verfügung. Dieses Budget reicht jedoch nicht dazu aus, alle beantragten Maßnahmen umzusetzen. Daher ist eine Auswahl an Maßnahmen, die durchgeführt werden sollen, zu treffen. Dies ist unter anderem schwierig, da beispielsweise die jeweiligen Vertreter der unterschiedlichen kalifornischen Distrikte möglichst viele Instandsetzungsmaßnahmen in ihrem eigenen Verwaltungsgebiet fordern, um die Infrastruktur in ihrem Distrikt zu verbessern, Arbeitsplätze zu schaffen und um letztlich wieder gewählt zu werden. Ähnliche Problematiken, beispielsweise bei der Vergabe von Mitteln zum Breitbandausbau, sind auch in Deutschland nur allzu gut bekannt. Zur transparenten Bewertung und folgerichtigen Auswahl bedarf es hierbei klarer und präziser Bewertungskriterien.



    Prof. Ralph Keeney und Prof. Johannes Siebert haben im Herbst 2014 das kalifornische Verkehrsministerium bei dieser Auswahlentscheidung unterstützt. Im ersten Schritt wurden Einzel- und Gruppeninterviews mit Entscheidungsträgern des kalifornischen Verkehrsministeriums geführt, um relevante Werte und Ziele zu identifizieren. Im zweiten Schritt wurden die Ziele strukturiert und dabei insbesondere die strategischen Ziele herausgearbeitet. Im dritten Schritt wurden die Ziele operationalisiert, also messbar gemacht. Auf Basis dieser Grundlage kann das kalifornische Verkehrsministerium alle Maßnahmen transparent und nachvollziehbar bewerten und eine passende Entscheidung über deren Auswahl treffen.

  • Entwicklung einer Balanced Scorecard mit Value-Focused Thinking am Beispiel eines Medienunternehmens

    Entwicklung einer Balanced Scorecard mit Value-Focused Thinking am Beispiel eines Medienunternehmens

    Veröffentlichung

    [1] Siebert, Johannes U.; Kunz, Reinhard „Die Entwicklung einer Balanced Scorecard mit Value-focused Thinking am Beispiel eines Medienunternehmens“. Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung, Heft 3, 2016, 210-215. DOI:  10.15358/0935-0381-2016-3-209

    [2] Kunz, Reinhard; Siebert, Johannes U.; Mütterlein, Joschka. “Combining Value-Focused Thinking and Balanced Scorecard to Improve Decision-Making in Strategic Management”. Journal of Multi-Criteria Decision Analysis, September-Dezember 2016, 225-241,DOI: 10.1002/mcda.1572

    [3] Kunz, Reinhard; Siebert, Johannes U.; Mütterlein, Joschka. „A Media-Specific Balanced Scorecard Based on Value-Focused Thinking“, Journal of Media Business Studies, 13(4), 2016, 257-275. http://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/16522354.2016.1220114 10.15358/0935-0381-2016-3-209

    Seit vielen Jahren befindet sich die Medienbranche in einem durch die Digitalisierung der Gesellschaft ausgelösten Wandel. Viele bestehende Geschäftsmodelle werden zwangsläufig durch neue ersetzt. Um in einem solchen Umfeld langfristig erfolgreich agieren zu können, ist ein proaktives Entscheiden im Speziellen und ein proaktives Management im Allgemeinen erforderlich. Hierzu muss ein Unternehmen jedoch sehr genau seine Ziele kennen. Bei vielen Unternehmen in der Medienbranche, insbesondere bei kleinen und mittelständischen, ist dies häufig nicht der Fall. Diese werden zumeist von Inhabern geführt, die sich „auf ihren Bauch“ verlassen, und sehr genau zu wissen meinen, wohin sie ihr Unternehmen steuern müssen. Allerdings sind dadurch Ziele für Mitarbeiter häufig sehr intransparent. Wie sollen die Mitarbeiter jedoch gute Arbeit leisten, wenn ihnen gar nicht klar ist, was sie eigentlich erreichen sollen? In einer Branche, die sich im Wandel befindet, ist es ja keinesfalls ausreichend, einfach das zu machen, was schon immer gemacht wurde.

    In einem praxisorientierten Forschungsprojekt der Universität Bayreuth haben Prof. Siebert, Prof. Kunz und Herr Mütterlein für ein mittelständisches Unternehmen in der Medienbranche eine Balanced Scorecard auf Basis von Value-focused Thinking entwickelt. Im Zuge der Anwendung dieses weit verbreiteten Managementinstruments Balanced Scorecard liegt die besondere Herausforderung in einer umfassenden und systematischen Erfassung der relevanten Ziele und Zielbeziehungen. Jedoch gibt es nur wenige Manager, die Erfahrung mit der Erstellung und Interpretation der teilweise sehr differenzierten Mittel-Ziel-Netzwerke haben. Vor diesem Hintergrund wurde eine Vorgehensweise zur Entwicklung und Anpassung einer Balanced Scorecard unter Einsatz von Techniken zur Identifikation von Zielen und Zielbeziehungen mit Value-focused Thinking entwickelt. Nachfolgend findet sich eine kurze Beschreibung der sechs empfohlenen Schritte (siehe Siebert und Kunz 2016).

    • Im ersten Schritt erfolgt die Identifikation von Zielen und Zielbeziehungen durch Interviews mit den Entscheidungsträgern und weiteren Mitarbeitern in Schlüsselpositionen der Organisation. Hier kommen Techniken und Methoden des Value-focused Thinking, wie z. B. die Identifikation von Ketten von Zielen (Leitfrage: Warum ist das Ziel wichtig?), zum Einsatz.
    • Im zweiten Schritt erfolgt die Strukturierung der Ziele. Im Zuge dessen werden zunächst die von den Entscheidungsträgern artikulierten Ziele aggregiert, redundante Ziele eliminiert und die verbleibenden Ziele klassifiziert. Anschließend wird ein differenziertes Mittel-Zweck-Netzwerk unter Berücksichtigung von Strukturierungstechniken des Value-focused Thinking erstellt.
    • In einem dritten Schritt werden Zielcluster identifiziert, die sich dadurch auszeichnen, dass die Ziele eines Clusters mehr Beziehungen untereinander als zu Zielen anderer Cluster aufweisen.
    • Im vierten Schritt dienen die wichtigsten Ziele der einzelnen Cluster als Grundlage zur Formulierung der Mission, Vision und der Strategie des Unternehmens.
    • Im fünften Schritt erfolgt das Design der Balanced Scorecard. Hierzu werden einzelne oder mehrere Cluster als Perspektive einer Balanced Scorecard interpretiert. Darüber hinaus werden die jeweiligen Ziele identifiziert und Zielbeziehungen modelliert. Um den Erfolg des Unternehmens messbar zu machen, werden die Ziele mithilfe geeigneter Kennzahlen operationalisiert. Damit ist die erstmalige Erstellung einer Balanced Scorecard abgeschlossen.
    • In einem sechsten Schritt wird die Balanced Scorecard überwacht und, wenn nötig, an Veränderungen der Unternehmensumwelt oder des Unternehmens angepasst. Dabei könnten beispielsweise einzelne Ziele in der Balanced Scorecard durch andere Ziele im Mittel-Zweck-Netzwerk ausgetauscht werden.

    Eine auf diese Weise erstellte Balanced Scorecard weist eine interessante Besonderheit auf. Experimente haben erwiesen, dass Ziele einen effektiven Stimulus für die Entwicklung von Alternativen darstellen können (Siebert und Keeney 2015). Wenn das Management feststellt, in einem bestimmten Bereich Änderungen herbeiführen zu müssen, beispielsweise in der Kundenperspektive, dann bietet eine klassisch erstellte Balanced Scorecard ca. vier bis sechs Ziele als Ansatzpunkte zur Entwicklung von Alternativen. Die von uns entwickelte Vorgehensweise erlaubt hingegen, beliebig tief in die Zielbeziehungen „hinein zu zoomen“. Die Ziele, die in der Balanced Scorecard Berücksichtigung finden, können als Berge in einer Landschaft verstanden werden. Je nach Detaillierungsgrad des Mittel-Zweck-Netzwerks können dessen Ziele hierbei als Hügel oder Ebenen angesehen werden. Für die Frage, inwiefern eine bestimmte Kennzahl verbessert werden kann, ist es ohne großen Aufwand möglich, einen Teilausschnitt des differenzierten Mittel-Zweck-Netzwerks heranzuziehen. Aufgrund des Novitätsgrads, der differenzierten Fallstudie und der letztlich einfachen Methode wurde das Projekt für das Finale des Practice Award der Decision Analysis Society des Institute for Operations Research and the Management Sciences (INFORMS) im Jahre 2013 nominiert.

    Zu dieser Thematik sind drei Artikel entstanden, die sich an unterschiedliche Zielgruppen wenden. [1] bietet einen guten Einstieg und ist für interessierte Praktiker geschrieben. Hier finden sich auch Handlungsempfehlungen zur eigenständigen Umsetzung. [2] beschäftigt sich mit der theoretisch konzeptionellen Herleitung der Methode. Der Artikel ist so geschrieben, dass ein interessierter Praktiker weitere differenzierte Hinweise zur Methode bekommt. [3] rückt besonders die Fallstudie bei einem mittelständischen Medienunternehmen in den Vordergrund. Hier finden Interessierte die Methode Schritt für Schritt detailliert angewendet. Besonders relevant ist dieser Artikel für alle, die sich mit Medien beschäftigen, da die Ziele von Medienunternehmen grundsätzlich relativ große Schnittmengen aufweisen. Die Unterschiede liegen zumeist hauptsächlich in der Gewichtung eben dieser.

  • Identifikation und Strukturierung von Ziele eines großen Energieversorgers

    Identifikation und Strukturierung von Ziele eines großen Energieversorgers

    Nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima kam es 2013 zu einem Paradigmenwechsel in der deutschen Energiepolitik. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel verkündete relativ kurzfristig den Atomausstieg. Die großen Energieanbieter in Deutschland, die Atomkraftwerke betreiben, wurden von dieser Entwicklung unverhofft überrascht. Dabei sind die ökonomischen Konsequenzen erheblich. Der analysierte europäische Energieanbieter schätzte seine langfristigen Gewinnausfälle auf ca. 1 Mrd. Euro pro Jahr.

    Vor diesem Hintergrund stand das analysierte Unternehmen unter erheblichem Zugzwang, qualitativ hochwertige strategische Handlungsalternativen zu formulieren. Dafür ist es jedoch zunächst erforderlich, systematisch die strategischen Ziele des Unternehmens zu identifizieren und zu strukturieren. Diesem Unterfangen haben sich Prof. Ralph Keeney, seines Zeichens emeritierter Professor der Duke University (USA) und Begründer der Value-focused Thinking Methode, und Prof. Johannes Siebert Anfang 2013 angenommen. In einem umfangreichen Prozess wurden Einzelinterviews mit allen Mitgliedern des Vorstands, dem Aufsichtsratsvorsitzenden sowie einem Dutzend Mitarbeitern in Schlüsselpositionen geführt. Letztere deckten alle relevanten Geschäftsbereiche des Unternehmens umfassend ab. Darüber hinaus wurden öffentlich zugängliche Dokumente sowie interne Planungsdokumente des Unternehmens systematisch nach möglichen Zielen hin analysiert.

    Insgesamt wurden auf diese Weise zunächst 450 Ziele identifiziert. Im nächsten Schritt wurden diese Ziele kategorisiert, um Redundanzen eliminieren zu können. Anschließend wurden die Ziele in einem Netzwerk organisiert und in einem übersichtlichen Schaubild visualisiert. Dabei wurden auf der obersten Ebene des Zielnetzwerks drei unterschiedliche Teilbereiche definiert.

    • Der erste Bereich des Zielnetzwerks beschäftigt sich im Wesentlichen damit, wie das Unternehmen eine Grundlage für zukünftigen Erfolg legen kann. In diesem Bereich finden sich viele Ziele, die sich damit beschäftigen, wie gute Führung zu leisten ist, wie eine hochqualifizierte Mitarbeiterstruktur auf- und ausgebaut werden kann und wie konsequent hochwertige Entscheidungen getroffen werden können.
    • Der zweite Bereich des Zielnetzwerks beschäftigt sich damit, wie das Unternehmen seine Geschäfte clever und zukunftsweisend gestalten kann. Im Zuge dessen wurde deutlich, dass innerhalb des Unternehmens zwei unterschiedliche Zielsysteme verfolgt werden. Zum einen sind „Effizienz erhöhen“ und „Kosten minimieren“ im traditionellen und regulierten Geschäft die zentralen Zielgrößen. Währenddessen stehen in den neuen und noch nicht regulierten Geschäftsbereichen, wie etwa alternative Energien, Ziele wie „Neue Produkte entwickeln“, „Neue Märkte erschließen“ oder „Neue Kunden gewinnen“ im Vordergrund.
    • Der dritte Bereich des Zielnetzwerks beschäftigt sich damit, wie das Unternehmen im unsicheren Marktumfeld nicht nur überleben, sondern weiter aufblühen kann. Im Mittelpunkt steht dabei, welche Werte (Values) das Unternehmen für seine Stakeholder (Kunden, Anteilseigner, Mitarbeiter, Partner und Bevölkerung) strategisch anstrebt. Für die Kunden sollen beispielsweise eine sichere und verlässliche Energieversorgung zu vertretbaren Preisen erreicht werden. Für die Anteilseigner soll eine angemessene und stabile Dividende ausgeschüttet werden. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass das Unternehmen sich weiterhin sehr stark regional engagiert. Für die Mitarbeiter sollen sichere Arbeitsplätze zu fairen Konditionen angeboten werden, bei denen sie Freude an der Arbeit haben.

    Ein wichtiges Teilergebnis bestand in der Erkenntnis, dass das Unternehmen in zwei Geschäftsbereichen mit sehr unterschiedlichen Zielen agiert, dem traditionellen regulierten Bereich und dem neuen unregulierten Bereich. Zwei wesentliche Ziele verdeutlichen dies. Im regulierten Bereich ist das Ziel „Operate effectively und efficiently“ zentral, im unregulierten hingegen „Create and market new products and processes“. Dahinter stehen unterschiedliche Managementphilosophien. So kam es beispielsweise dazu, dass sich Mitarbeiter, die viele Jahre im traditionellen Geschäftsbereich tätig waren, im unregulierten Geschäftsbereich sehr schwer taten.

    Als die Ergebnisse in einer Vorstandssitzung präsentiert wurden, meinte der Vorstandsvorsitzende, damals 100 Tage im Amt, dass er beeindruckt davon sei, dass wir alles, was dem Unternehmen wichtig ist, auf einer Seite verdichten konnten und dass gerade die klare Unterscheidung der Zielsetzungen im regulierten und unregulierten Bereich das fehlende Puzzlestück für ihn gewesen sei, um seinen Mitarbeitern seine Vision des Unternehmens klar zu kommunizieren.