Kategorie: veröffentlichungen-forschung

  • Verbesserung der Korrektur von Fehlinformationen: Neue Varianten und eine Kombination aus Bewusstseinsschulung und Gegenrede zur Abschwächung von „belief perseverance bias“

    Verbesserung der Korrektur von Fehlinformationen: Neue Varianten und eine Kombination aus Bewusstseinsschulung und Gegenrede zur Abschwächung von „belief perseverance bias“

    Der Belief Perseverance Bias bezieht sich auf die Tendenz von Personen, an ihren voreingenommenen Meinungen festzuhalten, selbst nachdem die Fehlinformationen, die diese Meinungen ursprünglich geprägt haben, zurückgezogen wurden. Diese Studie trägt zur Forschung über die Verringerung der negativen Auswirkungen von Fehlinformationen bei, indem sie den Belief Perseverance Bias abschwächt. Die Studie untersucht die zuvor vorgeschlagenen Techniken des Bewusstseins-Trainings und der Entkräftung von Gegenrede und entwickelt sie weiter, indem neue Varianten eingeführt und kombiniert werden. In einem Experiment mit N = 876 Personen, von denen 364 einen Belief Perseverance Bias aufweisen, untersuchen wir ihre Wirksamkeit bei der Abschwächung des Belief Perseverance Bias nach der Rücknahme von Fehlinformationen zu einem realen Thema. Die Wirksamkeit der Entschärfungstechniken wird durch die Messung des Unterschieds zwischen den Ausgangsmeinungen vor der Exposition gegenüber Fehlinformationen und den Meinungen nach der Exposition gegenüber einer Entschärfungstechnik bewertet. Unsere Studie bestätigte die Wirksamkeit der Techniken zur Bewusstseinsschulung und zur Entkräftung der Gegenrede bei der Abschwächung des „belief perseverance bias“, wobei wir keine erkennbaren Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen den zuvor vorgeschlagenen und den neuen Varianten feststellen konnten. Darüber hinaus konnten wir feststellen, dass die Kombination aus Awareness-Training und Gegenrede den Belief Perseverance Bias effektiver abschwächt als die einzelnen Debiasing-Techniken.

    Siebert, Jana, Siebert, Johannes U. “Enhancing misinformation correction: New variants and a combination of awareness training and counter-speech to mitigate belief perseverance bias”. PLoS ONE 19(2): e0299139, 2024, 1-15, https://doi.org/10.1371/journal.pone.0299139

  • Applying Decision Analysis to Diverse Domains: An Introduction to the Special Issue

    Applying Decision Analysis to Diverse Domains: An Introduction to the Special Issue

    Die Entscheidungsanalyse floriert in der Operations Research Community

    Die Entscheidungsanalyse (DA) ist eines der wichtigsten Instrumente des Operations Research (OR). Die DA ist besonders effektiv bei der Abbildung der realen Welt auf die Modelldarstellung, um die Anwendung formaler Analysen zu ermöglichen. Die DA ist ein flexibles Modellierungsparadigma, das seit den 1960er Jahren existiert und auf der statistischen Entscheidungstheorie, Elementen des Nutzens aus der Wirtschaftswissenschaft, der Wahrscheinlichkeitstheorie, der dynamischen Programmierung und der stochastischen Programmierung basiert. Sie zielt darauf ab, eine optimale Vorgehensweise für Entscheidungsprobleme mit Unsicherheiten, die sich auf Ergebnisse und Werte auswirken, zu ermitteln. Optimal bedeutet hier Maximierung des erwarteten Nutzens, was nach der Entscheidungstheorie gleichbedeutend ist mit der Befolgung der Axiome der Rationalität bei einer Reihe von Überzeugungen.
    Artikel über DA sind mit einiger Regelmäßigkeit in Interfaces (dem Vorgänger des INFORMS Journal on Applied Analytics (IJAA)) erschienen, wobei sich frühe Anwendungen auf die Politik und spätere auf die Forschung und Entwicklung von Konsumgütern, Pharmazeutika sowie Öl und Gas konzentrierten, was ganz natürlich ist, weil es bei diesen Anwendungen unterschiedliche Entscheidungspunkte gibt, an denen Investitionen fortgesetzt oder gestoppt werden (was die Bedeutung der lateinischen Wurzel decidere ist). In einer Sonderausgabe von Interfaces aus dem Jahr 1992 mit dem Titel „Decision and Risk Analysis“ (Entscheidungs- und Risikoanalyse) wurden Anwendungen vorgestellt, die umfangreiche Darstellungen von Entscheidungsproblemen verwenden, wie z. B. Einflussdiagramme als Abstraktion des Entscheidungsbaums, Strategietabellen zur Definition komplexer Handlungsoptionen und praktische Techniken, die Value-focused Thinking und Wertehierarchien zur Umsetzung der Multiattribut-Nutzentheorie beinhalten.
    All diese Entwicklungen tragen dazu bei, das Wissen und die Anliegen der Problemverantwortlichen durch Modellspezifikation und Urteilserhebung zu erfassen. Darüber hinaus bilden DA-Modelle oft eine Schnittstelle zu separaten, anspruchsvollen technischen oder finanziellen Modellen oder sind diesen untergeordnet. Und DA-Darstellungen helfen dabei, die Implikationen von Modellen zu kommunizieren, z. B. durch Tornado-Diagramme, Portfoliodiagramme, kumulative Verteilungen und Risikoprofile.

    In den letzten Jahren wurde die DA um anspruchsvolle Berechnungsfunktionen erweitert. Obwohl sich bis heute viele DA-Anwendungen letztlich auf die Berechnung von Entscheidungsbäumen oder Ähnlichem beschränken, hat sich die Software verbessert und umfasst nun eine modulare grafische Entwicklung mit Schnittstellen zu Tabellenkalkulationen und Programmierumgebungen wie R und Python. Auch die mit der DA verbundene Theorie entwickelt sich weiter, z. B. die Gruppenentscheidungstheorie und die Erweiterung der Nutzentheorie auf Mehrparteien-Situationen, in denen Überlegungen wie Gerechtigkeit wichtig sind. Es gibt eine beträchtliche Menge an angrenzenden computerintensiven Arbeiten zu Bayes-Netzen, maschinellem Lernen und Inferenz. Die Wissenschaft der Datenerhebung hat sich exponentiell weiterentwickelt, angefangen bei einem besseren Verständnis von Urteilsverzerrungen, der Weisheit der Massen und anderen Möglichkeiten, die Urteile mehrerer Experten zu kombinieren, bis hin zu einer zunehmenden mathematischen und rechnerischen Raffinesse, die in jüngster Zeit mit Copulas zur Darstellung von Korrelationen unterschiedlicher Art zwischen Variablen vorangetrieben wurde. Wie in dieser Ausgabe zu sehen ist, wird die DA zunehmend mit anderen OR-Techniken verknüpft, wie z. B. der mathematischen Programmierung für Portfolio-DA, was zu Innovationen in Wissenschaft und Praxis führt. Somit ist DA ein spannendes Gebiet, das für die Leser der IJAA nicht nur aufgrund seiner eigenen Vorzüge von Interesse ist, sondern auch als ein Gebiet, das einen Mehrwert für andere Bereiche des OR darstellen kann.

    Saurabh Bansal, Jeffrey M. Keisler, Johannes U. Siebert, Karen E. Jenni (2023) Applying Decision Analysis to Diverse Domains: An Introduction to the Special Issue. INFORMS Journal on Applied Analytics 53(3):173-177. https://doi.org/10.1287/inte.2023.1163



  • Bekämpfung von Desinformation und Fake News

    Bekämpfung von Desinformation und Fake News

    Neue Methoden zur effektiven Minderung des Einflusses von Desinformation und Fake News auf die Meinungsbildung

    Die Recherchen um das Team Jorge, das mithilfe von Desinformationkampagnen demokratische Strukturen aushebelt, zeigt den unheilvollen Einfluss von Desinformation und Fake News auf Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Desinformation und Fake News wurden bereits durch die US-Präsidentschaftswahlen 2016 und die Volksabstimmung zum Brexit zu einem globalen Phänomen, insbesondere dadurch, dass immer mehr Menschen soziale Medien unreflektiert als Quelle für Nachrichten heranziehen. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (z.B. Chat GPT) in der Generierung und Verbreitung von Desinformation und Fake News potenziert deren Einfluss zukünftig. Die Verbreitung von Desinformation und Fake News im Internet und deren Folgen werden im Europäischen Parlament intensiv diskutiert. Dennoch gibt es bislang keine Übereinkunft, wie der Einfluss von Desinformation und Fake News vermindert werden soll.

    „Die Problematik von Desinformation und Fake News ist, dass, selbst wenn diese einwandfrei als solche identifiziert werden, immer noch ‚etwas hängen bleibt‘, also die Meinung nachhaltig beeinflusst“ erklärt Prof. Johannes Siebert, der am MCI | Die Unternehmerische Hochschule® forscht und unterrichtet. Dieses Phänomen nennt sich „Belief Perseverance Bias“ und erklärt den großen Einfluss von Desinformation und Fake News auf die Meinungsbildung und das Entscheidungsverhalten vieler Menschen. „Es gibt zahlreiche Redaktionen und gemeinnützige Organisationen, die Desinformation und Fake News identifizieren und die Bürgerinnen und Bürger über diese aufklären. Diese sehr aufwendige Arbeit trägt dazu bei, den Einfluss von Desinformation und Fake News zu reduzieren. Diese Faktenchecks können jedoch nur ein erster Schritt sein“ ergänzt Dr. Jana Siebert.

    Die beiden Forschenden haben sich in dem von der Europäischen Union und dem tschechischen Ministerium für Bildung, Jugend und Sport finanzierten Projekt „PerFake“ mit der methodischen Reduktion des Belief Perseverance Bias im Kontext von Desinformation und Fake News beschäftigt. Das Ziel des Projekts war es dazu beizutragen, den negativen Einfluss von Desinformation und Fake News zu reduzieren. Prof. Johannes Siebert und Dr. Jana Siebert haben zwei Methoden zur Reduktion dieses Biases entwickelt und in zwei Experimenten mit zahlreichen Teilnehmenden getestet und optimiert. Die ersten Ergebnisse und Schlussfolgerungen wurden in der Zeitschrift PLoS ONE veröffentlicht.

    Beide getesteten Debiasing-Methoden zeigten vielversprechende Ergebnisse, in dem sie den Belief Perseverance Bias der Teilnehmenden reduziert haben. Die Debiasing-Methode „Counter Speech“ setzt darauf, die Desinformation und Fake News durch klare Gegenargumente zu widerlegen. Die Debiasing-Methode „Awareness Training“ informiert allgemein die Teilnehmenden über die Existenz und Wirkungsweise des Belief Perseverance Biases. Ein solches Awareness Training könnte dazu beitragen, die Resilienz der Gesellschaft gegenüber Desinformation und Fake News zu erhöhen. Prof. Johannes Siebert erläutert, wie dies in der Praxis funktionieren kann: „Angenommen Sie haben eine Information erhalten, beispielsweise Sie haben eine Rede eines Politikers gehört oder auf Social Media einen Post gelesen. Ein Faktencheck zeigt, dass es sich um eine Desinformation handelt. Wenn Sie sich der Existenz des Belief Perseverance Biases bewusst sind, sollten Sie erkennen, dass Ihre ursprüngliche Meinung durch die Desinformation noch immer negativ beeinflusst sein könnte, und diesen Bias anschließend korrigieren.“ Dr. Jana Siebert ergänzt: „Es wäre daher wünschenswert, die Öffentlichkeit über den Belief Perseverance Bias und seine Funktionsweise aufzuklären. Zum Beispiel könnten Fact-Checking-Organisationen ihre Faktenchecks mit einem Hinweis auf den Belief Perseverance Bias ergänzen. Ein solcher Hinweis könnte die Wirksamkeit des Fakt-Checkings und die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft gegenüber Desinformation und Fake News deutlich erhöhen.“

    Siehe auch: https://www.mci.edu/de/news-filter/forschung/4844-bekaempfung-von-desinformation-und-fake-news

    Quelle:

    Siebert, J., & Siebert, J. U. (2023). Effective mitigation of the belief perseverance bias after the retraction of misinformation: Awareness training and counter-speech. PLoS ONE 18(3): e0282202. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0282202

  • Making a good career choice: A decision-analytical intervention to enhance proactive decision-making and career choice self-efficacy in high school students

    Making a good career choice: A decision-analytical intervention to enhance proactive decision-making and career choice self-efficacy in high school students

    Am Ende der Schule stehen Jugendliche vor der ersten lebensverändernden Entscheidung, was sie nach dem Schulabschluss machen wollen. Für diese Entscheidungen müssen die Jugendlichen in der Lage sein, gute Entscheidungen zu treffen. Die meisten Schulen haben jedoch noch keine Entscheidungstrainings in ihre Lehrpläne aufgenommen. Um diese Lücke zu schließen, wurde eine neue Intervention mit dem Namen „KLUGentscheiden!“ entwickelt, um komplexe Entscheidungsfindungen bei Oberstufenschülern zu trainieren.

    Die Intervention zielt auf drei Schlüsselkomponenten einer guten Entscheidungsfindung ab: die Vorstellung der eigenen Ziele, die Identifizierung relevanter Alternativen und der Vergleich der identifizierten Alternativen durch eine gewichtete Bewertung. Wir gingen davon aus, dass ein erfolgreiches Training dieser entscheidungsanalytischen Schritte die selbst wahrgenommenen proaktiven Entscheidungsfähigkeiten verbessern sollte. Darüber hinaus sollte das Training auch die selbst eingeschätzte Selbstwirksamkeit bei der Berufswahl erhöhen.

    Die Intervention wurde in einer pseudorandomisierten Kontrollstudie mit 193 Oberschülern evaluiert. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe konnte die Interventionsgruppe die proaktiven Entscheidungsfähigkeiten und die Selbstwirksamkeit bei der Berufswahl signifikant steigern. Obwohl verschiedene Langzeitevaluierungen noch ausstehen, stellt die Intervention KLUGentscheiden! ein wichtiges Instrument zur Schulung komplexer Entscheidungsfindungen bei Oberstufenschülern dar. Sie kann auch auf andere Berufswahlentscheidungen junger Menschen angewandt werden, z. B. auf die Wahl von Studienfächern, einer Abschlussarbeit, eines Arbeitsplatzes oder eines Berufsfeldes.

    Siebert, Johannes U., Becker, Maxi; Oeser, Nadine. “Making the right career choice: A new educational tool to train decision-making proactivity in high school students” (Decision Sciences Journal for Innovative Education), https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/dsji.12280

  • Supporting Innovation in Early-Stage Pharmaceutical Development Decisions

    Supporting Innovation in Early-Stage Pharmaceutical Development Decisions

    Pharmazeutische Unternehmen überprüfen ihr Portfolio regelmäßig, um den Entwicklungsfortschritt zu überwachen und Prioritäten bei der Entwicklung von Produkten zu setzen. Bei den frühesten Vermögenswerten handelt es sich um Arzneimittelkandidaten, deren Wirksamkeit unbekannt ist und deren Auswirkungen auf den menschlichen Körper noch nicht vollständig erforscht sind. Bei diesen Vermögenswerten ist es sehr unsicher, ob sie den Markt erreichen und in der klinischen Praxis eingesetzt werden. Darüber hinaus sind nicht alle potenziellen Anwendungen vorhersehbar und können oft sehr unterschiedlich sein. In Ermangelung zufriedenstellender Methoden für die Entscheidung über die Zuteilung von Ressourcen für frühe Entwicklungsgüter konzentrieren sich die Entscheidungsträger fast ausschließlich auf die Bewertung der Wahrscheinlichkeit des technischen Erfolgs eines Gutes.

    In dieser Studie wird eine ganzheitlichere Methodik zur Unterstützung von Entscheidungen in der frühen Phase der pharmazeutischen Entwicklung vorgeschlagen, bei der Value-focused Thinking und multikriterielle Entscheidungsfindung zum Einsatz kommen. Die Methodik funktioniert innerhalb des Rahmens für die Entscheidungsqualität und bietet eine konsistente Bewertung verschiedener früher Entwicklungsgüter in einer Vielzahl von Krankheitsbereichen. Diese Kombination von Konzepten und Methoden wurde bei Bayer Pharmaceuticals implementiert und hat sich dort als nützlich erwiesen, da das Unternehmen einen neuen, robusteren Entscheidungsfindungsprozess für die frühe Entwicklung benötigte. In dieser Studie wird daher erörtert, wie konkrete Abwägungen auf der Ebene der Unternehmensziele möglich sind, um die Unternehmensstrategie auf die Portfoliostrategie abzustimmen, zu kommunizieren und umzusetzen.

    Darüber hinaus werden in dieser Studie Erkenntnisse für Entscheidungsanalysten und Entscheidungsträger in der pharmazeutischen Industrie vorgestellt, wie man eine Reihe grundlegender Ziele entwickelt, wie man Skalen zur Operationalisierung dieser Ziele erstellt und wie man Schritte zur Entlastung eines organisatorischen Entscheidungsprozesses unternimmt.

    Methling, Florian; Borden, Steffen A., Veeraraghavan, Deepak; Sommer; Insa, Siebert, Johannes Ulrich; von Nitzsch, Rüdiger; Seidler, Mark „Supporting Innovation in Early-Stage Pharmaceutical Development Decisions “, in Special Issue on Health Decision Analysis: Evolution, Trends, and Emerging Topics by Elisa F. Long, Gilberto Montibeller, Jun Zhuang, Decision Analysis (INFORMS), https://doi.org/10.1287/deca.2022.0452

  • Effects of Decision Training On Individuals’ Decision-Making Proactivity

    Effects of Decision Training On Individuals’ Decision-Making Proactivity

    Die Entscheidungswissenschaften sind sich über die theoretische Relevanz des Entscheidungstrainings einig. Aus empirischer Sicht gibt es jedoch nur wenige Studien, die seine Wirksamkeit oder seinen praktischen Nutzen untersuchen, und noch weniger Studien, die sich mit den Auswirkungen von Entscheidungstraining auf die systematische Strukturierung von Problemen befassen. Diese Aufgabe wird jedoch weithin als die wichtigste in Entscheidungsprozessen angesehen, und aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die effektive Strukturierung von Problemen und die Generierung von Alternativen – wie im Konzept der proaktiven Entscheidungsfindung dargestellt – die Zufriedenheit mit der Entscheidung sowie die Lebenszufriedenheit im Allgemeinen erhöht.

    In diesem Beitrag werden die Auswirkungen eines Entscheidungstrainings auf zwei Facetten der proaktiven Entscheidungsfindung – kognitive Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale – sowie auf die Zufriedenheit mit Entscheidungen empirisch untersucht. In quasi-experimentellen Feldstudien, die auf drei verschiedenen Entscheidungskursen und zwei Kontrollgruppen basieren, analysieren wir Längsschnittdaten von 1.013 Entscheidungsträgern/Analysten mit unterschiedlichen Erfahrungsniveaus. Die Ergebnisse zeigen positive Trainingseffekte auf proaktive kognitive Fähigkeiten und Entscheidungszufriedenheit, aber wir finden keinen Effekt auf proaktive Persönlichkeitsmerkmale und meist nicht-signifikante Interaktionen zwischen Training und Erfahrung. Diese Ergebnisse deuten auf die praktische Relevanz von Entscheidungstraining als Mittel zur Förderung effektiver Entscheidungsfindung auch bei erfahreneren Entscheidungsträgern hin.

    Die hier vorgestellten Ergebnisse können für Wissenschaftler aus dem Bereich Operations Research hilfreich sein, die sich für eine spezifische Schulung proaktiver kognitiver Fähigkeiten in Kursen zur Entscheidungsqualität und/oder Entscheidungstheorie einsetzen und in solchen Kursen auch die proaktive Entscheidungsfindung und die Entscheidungszufriedenheit der Teilnehmer steigern wollen. Unsere Ergebnisse sollten auch zu positiveren Entscheidungsergebnissen beitragen.

    Veröffentlichung Siebert, Johannes U.; Kunz, Reinhard, Rolf, Philipp. “Effects of decision training on individuals’ decision-making proactivity”, European Journal of Operational Research, 294 (1) 2021, 264-282, https://doi.org/10.1016/j.ejor.2021.01.010

  • Defining and Aligning Supply Chain Objectives Before, During, and After the COVID-19 Pandemic

    Defining and Aligning Supply Chain Objectives Before, During, and After the COVID-19 Pandemic

    Um die COVID-19-Pandemie zu bewältigen, stehen viele Unternehmen vor zahlreichen strategischen Entscheidungen, die für ihre Zukunft von größter Bedeutung sind. Sich seiner Ziele bewusst zu sein, ist eine Voraussetzung für eine solide Entscheidungsfindung. Entscheidungsträger und Politiker sind sich jedoch oft ihrer Ziele nicht bewusst, wenn sie in „normalen“ Zeiten vor wichtigen Entscheidungen stehen. Darüber hinaus müssen in Krisenzeiten wie derCOVID-19-Pandemie spezifische Ziele festgelegt werden.

    In diesem Artikel geben wir Managern einen Leitfaden an die Hand, der Folgendes veranschaulicht. (i) Wie lassen sich Unternehmensziele ermitteln? (ii) Wie können sie diese innerhalb ihrer Lieferketten und mit den Zielen der politischen Entscheidungsträger in Einklang bringen? (iii) Wie können die Ziele während und nach der COVID-19-Pandemie angepasst werden? Darüber hinaus schlagen wir umfassende Sätze relevanter Ziele vor und schlagen einen iterativen Prozess zur Definition, Abstimmung und Anpassung von Zielen vor.

    Die Studie kann Praktikern aus der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung bei der Entscheidungsfindung und bei politischen Maßnahmen helfen. Forscher können sich von den skizzierten Standpunkten zu Entscheidungsprozessen und den angesprochenen Perspektiven für die künftige Forschung inspirieren lassen.

  • Comparative Analysis of Terrorists’ Objectives Hierarchies

    Comparative Analysis of Terrorists’ Objectives Hierarchies

    Veröffentlichung

    Siebert, Johannes U.; von Winterfeldt, Detlof. „Comparative Analysis of Terrorists’ Objectives Hierarchies“, Decision Analysis (INFORMS) June 2020, 17(2), 97-114, https://doi.org/10.1287/deca.2019.0400

    Um wirksame Strategien zur Terrorismusbekämpfung zu entwickeln, ist es wichtig, die Fähigkeiten und Ziele terroristischer Gruppen zu verstehen. Ein Großteil des Wissens über diese Gruppen stammt aus der nachrichtendienstlichen Erfassung und Analyse ihrer Fähigkeiten. Im Gegensatz dazu sind die Ziele der Terroristen weniger gut bekannt. In diesem Artikel wird eine Methode zur Entscheidungsanalyse beschrieben, mit der die Ziele von Terroristen anhand der Aussagen und Schriften ihrer Anführer ermittelt und strukturiert werden können. Diese Methode wurde in drei Fallstudien angewandt, die zu den drei Zielhierarchien von al-Qaida, dem Islamischen Staat im Irak und in der Levante (ISIL) und der Hisbollah führten.

    In diesem Artikel schlagen wir eine Methode vor, um die drei Zielhierarchien zu vergleichen, ihre Hauptunterschiede hervorzuheben und Schlussfolgerungen über wirksame Strategien zur Terrorismusbekämpfung zu ziehen. Wir stellen fest, dass alle drei Terrorgruppen eine breite Palette von Zielen verfolgen, die weit über das Ziel der Tötung und Terrorisierung von Menschen in der nicht-muslimischen Welt hinausgehen. Zu den gemeinsamen Zielen gehören die Zerstörung Israels und die Vertreibung der westlichen Mächte aus dem Nahen Osten. Alle drei Gruppen haben den Ehrgeiz, eine führende Rolle in der islamischen Welt zu übernehmen. Die wichtigsten Unterschiede sind die territorialen Ambitionen von ISIL und Hisbollah im Gegensatz zu den groß angelegten Angriffszielen von al-Qaida. Die spezifischen Ziele des ISIL sind die Errichtung eines Kalifats im Irak und in Syrien und die Wiederherstellung der Macht des sunnitischen Islam. Die Hisbollah verfolgt einzigartige Ziele im Zusammenhang mit der Errichtung eines palästinensischen Staates und der Aufrechterhaltung der Beziehungen zu Iran und Syrien und deren Unterstützung. Die Ziele von Al-Qaida konzentrieren sich weiterhin auf groß angelegte Anschläge im Westen. Wir stellen außerdem fest, dass sowohl al-Qaida als auch ISIL in jüngster Zeit dazu übergegangen sind, Anschläge kleineren Ausmaßes im Westen zu unterstützen. Unsere Methode kann für den Vergleich von Zielhierarchien verschiedener Organisationen sowie für den Vergleich von Zielhierarchien einer Organisation im Zeitverlauf verwendet werden.

  • Effects of Proactive Decision Making On Life Satisfaction

    Effects of Proactive Decision Making On Life Satisfaction

    Veröffentlichung

    Siebert, Johannes U.; Kunz, Reinhard, Rolf, Philipp. “Effects of Proactive Decision Making on Life Satisfaction”, European Journal of Operational Research, 280(1) 2020, 1171-1187,  doi.org/10.1016/j.ejor.2019.08.0111)

    Proaktive Entscheidungsfindung, ein Konzept, das vor kurzem in die verhaltenswissenschaftliche Betriebsforschung und Entscheidungsanalyse eingeführt wurde, befasst sich mit der effektiven Entscheidungsfindung in der Phase der Generierung von Alternativen. Sie wird anhand einer Skala mit sechs Dimensionen gemessen, die in zwei Kategorien unterteilt sind: proaktive Persönlichkeitsmerkmale und proaktive kognitive Fähigkeiten. Die Persönlichkeitsmerkmale beruhen auf theoretischen Konstrukten wie proaktiver Einstellung und proaktivem Verhalten; die kognitiven Fähigkeiten spiegeln Value-focused Thinking und Entscheidungsqualität wider. Diese Eigenschaften und Fähigkeiten wurden zur Erklärung der Entscheidungszufriedenheit herangezogen, obwohl ihre Antezedenzien und andere Konsequenzen noch nicht Gegenstand strenger Hypothesen und Tests waren.

    In diesem Beitrag wird die proaktive Entscheidungsfindung in ein Modell mit drei möglichen Konsequenzen eingebettet. Wir betrachten – und testen empirisch – Entscheidungszufriedenheit, allgemeine Selbstwirksamkeit und Lebenszufriedenheit, indem wir drei Studien mit 1.300 Teilnehmern durchführen. Mit Hilfe der Strukturgleichungsmodellierung können wir zeigen, dass proaktive Entscheidungsfindung zur Lebenszufriedenheit beiträgt, was durch allgemeine Selbstwirksamkeit und Entscheidungszufriedenheit vermittelt wird. Proaktive Entscheidungsfindung fördert also den Glauben an die eigenen Fähigkeiten und erhöht die Zufriedenheit mit den eigenen Entscheidungen und mit dem Leben im Allgemeinen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass es sich lohnt, Menschen dabei zu helfen, ihre proaktive Entscheidungsfindung zu verbessern.

    Der Nachweis der positiven Auswirkungen proaktiver Entscheidungsfindung auf individueller Ebene unterstreicht, wie wichtig die Phase der Generierung von Alternativen ist, und er unterstreicht auch den Nutzen der Anwendung von Prinzipien der „Entscheidungsqualität“ und des proaktiven Handelns in dieser Phase. Die hier vorgestellten Ergebnisse bestätigen somit die Relevanz von OR und von entscheidungsanalytischen Prinzipien für das Leben der Menschen.

  • Can Novices Create Alternatives of The Same Quality as Experts?

    Can Novices Create Alternatives of The Same Quality as Experts?

    Veröffentlichung

    Siebert, Johannes U. “Can Novices Create Alternatives of the Same Quality as Experts?”, Decision Analysis (INFORMS) 2016, 13(4), 278-291, https://doi.org/10.1287/deca.2016.0339

    Die Qualität der Alternativen ist entscheidend, um gute Entscheidungen zu treffen. Der Prozess der Generierung qualitativ hochwertiger Alternativen kann verbessert werden, indem die Ziele der Entscheidungsträger als Anhaltspunkte verwendet werden.

    Dieser Beitrag untersucht empirisch die Auswirkungen und den Zusammenhang von Erfahrung und Zielvorgaben auf die Fähigkeit der Entscheidungsträger, Alternativen für eine wichtige Entscheidung zu entwickeln. Die Studie bestätigt mit hoher Signifikanz, dass sowohl Erfahrung als auch Zielvorgaben die Qualität von Alternativen verbessern. Wir können zeigen, dass alle Teilnehmer, unabhängig von ihrer Erfahrung, die Qualität ihrer Alternativen verbessern, wenn sie mit Zielen aufgefordert werden; d.h. die Beziehung zwischen der Aufforderung mit Zielen und der Qualität der Alternativen wird nicht durch Erfahrung moderiert. Im Gegensatz zum Sammeln von Erfahrung kann das Auffordern eines Teilnehmers mit Zielvorgaben sofort und ohne lange Lernphase genutzt werden und ist in der Lage, Erfahrung in bestimmten Entscheidungskontexten zu ersetzen.

    Darüber hinaus analysieren wir, wie sich die Aufforderung mit Zielvorgaben auf die Bildung von Alternativen auswirkt. Wir finden Hinweise darauf, dass der Zusammenhang zwischen der Vorgabe von Zielen und der Qualität der Alternativen teilweise durch die Anzahl der bei der Erstellung der Alternativen berücksichtigten Ziele vermittelt wird.